Wie viele Schriftzeichen gibt es? Ist die Aussprache wirklich so schwer? Kann man Chinesisch überhaupt lernen? In unserer Inforeihe Der Mandarin-Code schreibt sinonerds-Autor Lewe über die vielen Fragen, denen frische oder angehende Chinesischlernende begegnen, und räumt so die eine oder andere Unklarheit aus dem Weg.
Nachdem wir im letzten Teil von Pinyin, Tönen, und merkwürdig klingenden Silben gesprochen haben, wollen wir jetzt dieses Thema etwas vertiefen. Außerdem stellen wir ein paar weitere Grundlagen des Chinesischen vor und geben Tipps für das effektive Lernen der ungewohnten Töne und Silben.
Zuerst einmal keine Panik: Dass Dir die chinesische Aussprache erst einmal komisch vorkommt, ist völlig normal. Man muss auch kein Musikgenie zu sein, um alle Töne richtig hören und sprechen zu können. Mit der richtigen Übung wirst Du die Aussprache meistern und bald alle möglichen Wörter in einem chinesischen Satz heraushören.
Knoten in der Zunge?
Wer bereits dabei ist, Chinesisch zu lernen, hat vielleicht schon etwas bemerkt: Die Lehrer bekommen gar nicht genug davon, die Unterschiede zwischen xu, ju und qu zu erklären und malen obendrein Bilder an die Tafel, wie man beim Artikulieren am Besten die Zunge positionieren sollte. Mich erinnerte die Silbe rì (Sonne) an das Geräusch einer festgefahrenen Märklin-Lok und das Wort für hungrig (è) klang alles andere als appetitanregend.
Klar hatten wir alle schon Lehrer, deren Kleinkariertheit auszuufern drohte. Doch für einen guten Start ins Chinesischlernen ist das penible Wiederholen von Ausspracheübungen auf jeden Fall ein Muss. Um schnell Fortschritte zu machen, helfen Dir verschiedene Dinge: zum einen Dein Lehrbuch, das einen Haufen einzelner Silben in ihren vier Tönen auflistet, inklusive seiner notorischen Hör- Sprechübungen. Zum anderen Deine (hoffentlich) peniblen Lehrer, die dauernd Anlaute oder Töne korrigieren. Und natürlich Du selbst: Du achtest darauf, bei den Beispielen immer genau hinzuhören und vor allem laut (!) nachzusprechen. So weit so gut!
So simpel wie wertvoll: Die Tontabelle
Mit dieser Grundausrüstung ist es ratsam, möglichst bald den nächsten Schritt zu wagen. Da die allermeisten Sinneinheiten im Chinesischen zweisilbig sind, macht es keinen Sinn, Ton- und Ausspracheübungen auf einzelne Silben zu beschränken. Dehne sie stattdessen auf Zweisilber aus und merke Dir für jede Verbindung von Tönen ein einfaches Beispielwort! Dieser kleine Trick hat den riesigen Vorteil, dass man mit ihm alle im Mandarin möglichen Tonkombinationen abdeckt — und so eine Schablone für jedes erdenkliche Wort hat, das in einer neuen Vokabelliste auftaucht.
Diese Tabelle listet alle 20 im Mandarin möglichen Tonkombinationen auf. Beim genauem Hinsehen sind es 19, da zwei aufeinanderfolgende dritte Töne (3. + 3.) aus Gründen des Sprachflusses identisch mit der Kombination 2. + 3. Ton geworden sind. In der letzten Spalte sind die Silben an zweiter Stelle im neutralen Ton, der jedoch niemals am Anfang eines Wortes stehen kann.
Alle Töne sind im Ohr
Die Kombinationen sind allesamt aus Wörtern gewählt, die oft im Alltag auftauchen und daher leicht zu merken sind. Anhand dieser Beispiele kann ich mir alle Tonverbindungen einprägen und später beliebig darauf zurückgreifen. Mit der Tabelle im Hinterkopf merke ich mir etwa, dass „Geld spenden“ (juān kuǎn) die gleichen Töne hat wie die „Tafel“ (hēi bǎn) im Klassenzimmer, oder dass die Tonkombination von „Neurowissenschaft“ (shén jīng kē xué) dieselbe ist wie „morgen“ und „China“ zusammengelegt (míng tiān + zhōng guó).
Das laute Aussprechen der neu gelernten Wörter wird Dir dabei helfen, die Wörter in ihrer jeweils richtigen Tonkombination im Kopf zu behalten. Zwar sind Töne im Chinesischen scheinbar willkürlich über das Vokabular verteilt, doch für alle Lernenden gehören die Töne genauso zu einer neuen Vokabel wie seine Bedeutung. Sonst klingt das Wort schräg, etwa als würde man auf Deutsch die Artikel vertauschen („die Auto“, „das Tafel“ etc), nur um die Gemeinheit reicher, dass sich im Chinesischen oft ein ganz neues Wort daraus ergibt.