Der Mandarin-Code 1: Was auf Dich zukommt

Wie viele Schriftzeichen gibt es? Ist die Aussprache wirklich so schwer? Kann man Chinesisch überhaupt lernen? In unserer Inforeihe Der Mandarin-Code schreibt sinonerds-Autor Lewe über die vielen Fragen, denen frische oder angehende Chinesischlernende begegnen und räumt so die eine oder andere Unklarheit aus dem Weg.

Chinesisch?! Kann man das überhaupt lernen? Alle Chinesischlerner kennen die Situation, in der sie ihren Freunden und Verwandten beichten, in welchem Fach sie nun ihre Hausaufgaben machen. Ein erschrockenes, zuweilen gar mitleidiges oder bestenfalls stutziges Gesicht, das im nächsten Moment eine Antwort wie „oh Gott“ oder – etwas milder – „das ist bestimmt sehr schwer“ über die Lippen bringt.

Sprachenlernen ist ein langer Weg. Bevor wir uns in einen Klassenraum hocken und anfangen zu büffeln, fragen wir uns daher erst einmal: Welche Sprache passt zu mir? Welche Sprache kann ich mit den anderen Sprachen, die ich kann, am schnellsten verstehen? Das Ergebnis solcher Überlegungen ist für deutsche Muttersprachler oft nicht Chinesisch. Hier wollen wir gegensteuern! Wir zeigen Euch, warum Chinesisch auf jeden Fall eine gute Partie ist – und zwar trotz seines Rufs als die Sprache, vor der alle Angst haben.

Aller Anfang ist hart

Wenn man Chinesisch hört, ohne es vorher gelernt zu haben, scheint es oft wie ein einziges Kauderwelsch. Da klingt ja nichts wie ein Wort! Zumindest nicht wie eines, das man, dem Klang nach, auf ein Blatt Papier schreiben könnte. Schließlich ist Chinesisch in eine Flut von Schriftzeichen encodiert, die alle Nutzer anderer Schriftsysteme (also sämtliche Erdbewohner außer Japaner) gar beim Betrachten der simpelsten Sätze in völlige Ratlosigkeit versetzt.

Zum Glück lernt man gleich in der ersten Chinesischstunde die ersten Schritte zur Entschlüsselung dieses Wirrwarrs: Pinyin, die standardisierte Verschriftlichung des Chinesischen in den Buchstaben unseres Alphabets. Da wird die Sache schon überschaubarer. Chinesisch hat eine begrenzte Anzahl von Silben (etwa 400), die überhaupt möglich sind. Das heißt, die meisten Buchstabenkombinationen in den Wörtern, die wir benutzen, tauchen nie auf und müssen daher nie gelernt werden.

Um den Mandarin-Code weiter aufzudröseln, brauchen wir als nächstes Töne. Davon gibt es im Mandarin vier (also nicht mal eine Handvoll, andere Sprachen haben sieben oder neun!), die praktischerweise durchnummeriert sind. Der erste Ton ist gerade, der zweite steigend, der dritte macht eine Kurve und der vierte ist fallend. Jede Silbe hat ihren eigenen Ton. Das heißt, wenn man Chinesisch spricht, darf man einen Satz nicht nach persönlichen Sprechgewohnheiten aussprechen, sondern muss jede Silbe darin in ihrem richtigen Ton sagen. Klingt komisch? Ist es am Anfang auf jeden Fall!

Übung macht den Meister

Um diese Merkwürdigkeit zur Normalität werden zu lassen braucht man viel Übung. Wenn Du gerade anfängst, Chinesisch zu lernen, solltest Du besonders viel Zeit darin investieren, die Töne richtig hören und sprechen zu können. Sonst passiert es leicht einmal, dass man „Sand“ wie „Trottel“ ausspricht, oder „Trumpf“ zu „Schweineschnitzel“ wird. Und das um nur zwei Beispiele zu nennen. Es kann noch viel schlimmer werden.

Zum Schluss nun aber eine wirklich gute Nachricht: Die Zeit, die man für das Lernen von Tönen und fremd klingenden Silben braucht, macht man anderswo doppelt und dreifach wieder wett. Chinesisch hat keine Deklinationen und Konjugationen, ganz zu schweigen von lästigen Zeitformen wie Plusquamperfekt oder Futur II, ja nicht einmal einen Plural gibt es. All das, was uns beim Lernen von Französisch, Spanisch oder zig anderen Sprachen (auch Deutsch ist groß dabei) so frustriert, fällt für Chinesisch komplett weg! Da nimmt man gerne ein paar mehr Lehrbuch-CDs und Ausspracheübungen in Kauf.

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