Konfuzius war vermutlich kein Fan ausländischer Markenprodukte, aber er hat einmal gesagt: „Wenn die Namen nicht stimmen, dann stimmen die Worte nicht; stimmen die Worte nicht, dann werden die Handlungen nicht vollendet.“
Versuchen wir einmal, Konfuzius’ weisen Spruch in einen modernen Kontext zu setzen: Wenn die Namen nicht stimmen, dann stimmt die Marke nicht; wenn die Marke nicht stimmt, dann kaufen die Leute die Produkte nicht. Konfuzius fände es sicherlich amüsant zu erfahren, dass das bekannte Bier Warsteiner u.a. unter dem Namen 沃斯乐 (wósīlè) importiert wird – denn der klingt wie „Ich bin tot“ (我死了 wǒ sǐ le).
Warum ein chinesischer Markenname?
Aber warum muss Warsteiner in China überhaupt anders heißen als in Deutschland? Der einfachste Weg für ausländische Unternehmen wäre doch, ihren Markennamen unverändert in China zu verwenden!
Wie so viele einfache Wege führt leider auch dieser nicht zum Ziel. Drehen wir das Problem einmal um: Warum heißt die chinesische Firma 腾讯 (téngxùn) in Europa Tencent und ihre bekannte Nachrichten-App nicht 微信 (wēixìn) sondern WeChat? Markennamen haben in China ebenso wie in Deutschland und international einen Zweck: Sie sollten einprägsam sein, möglichst das Produkt beschreiben, und dabei positive Gefühle wecken.
Deutsche Markennamen tun das in China ebenso wenig wie chinesische Marken in Deutschland. Verständlich, dass darum beispielsweise die österreichische Firma mit dem komplizierten Namen Swarovski 施华洛世奇 (Shīhuāluòshìqí) in China einen Spitznamen bekommen hat. Wegen des Logos heißt sie im Internet schlicht 天鹅牌 (tiān é pái, “Marke mit dem Schwan”).
Drei Wege zum perfekten chinesischen Markennamen
Die Namensfindung ist also ein wichtiger Prozess. Nun gibt es aber mehr als einen Weg einen Markennamen ins Chinesische zu übertragen. Eine Methode ist die phonetische „Übersetzung“, die sich an der Aussprache des Namens orientiert und diese überträgt. Dabei geht oft der Sinn des Markennamens verloren, wie z.B. bei 阿迪达斯 (ādídásī) aka Adidas. Das muss kein Fehler sein, denn Adidas hat auch in Deutschland seinen ursprünglichen Sinn lange verloren – den Hinweis auf Gründer Adi Dassler.
Zur phonetischen Übertragung wird generell auf bestimmte Zeichen zurückgegriffen, die in diesem Kontext nicht in ihrer Bedeutung wahrgenommen werden. Das gilt übrigens auch für die Standardübersetzungen ausländischer Personennamen. Wie bei Swarovskis 施华洛世奇 besteht deshalb das Risiko, dass der Name eher wie eine Physik-Formel aussieht: lang und voll scheinbar zusammenhangloser Zeichen.
Die zweite Methode hingegen greift die Bedeutung des ursprünglichen Namens auf und übersetzt diesen ins Chinesische. Dafür haben sich z.B. Apple und Microsoft entschieden, die auf Chinesisch 苹果 (pínggǔo, “Apfel”) und 微软 (wēiruǎn, “mikro” und “weich”) heißen.
Ein interessantes Beispiel dafür ist die Café-Kette Starbucks, die in China unter dem Namen 星巴克 (xīngbākè) bekannt ist. Während der erste Teil des Namens als „Stern“ direkt übersetzt wurde, ist der zweite Teil eine phonetische Übertragung.
Für Ausländer weniger einfach zu merken ist der Name von Sprite: 雪碧 (xuěbì). Hier ist der Name Programm, denn direkt übersetzt bedeutet 雪碧 in etwa „Schnee“ und „klar“ und beschreibt damit das Gefühl beim Getränkegenuss. Dieser dritte Weg entfernt sich vom ursprünglichen Namen zu Gunsten einer rein chinesisch-klingenden Bezeichnung, welche kulturelle Assoziationen voll ausschöpfen kann.
Gerade bei Alltagsgütern verstecken sich nicht-einheimische Konzerne oft hinter diesen Namen. Die Rettung der gutbürgerlichen Küche „Maggi“, zum Beispiel, nennt sich 美极 (měijí) und klingt damit absolut nicht wie eine Schweizer Firma. Wer möchte, kann auf der nächsten Party chinesische Bekanntschaften zusätzlich mit der Feststellung schocken, dass auch 味好美 (wèihǎoměi McCormick & Company) und 家乐 (jiālè Knorr) keine chinesischen Marken sind. Auch diese Namen klingen nämlich sehr traditionell und bedeuten in etwa „guter Geschmack“ und „glückliche Familie“.
Die Königsdiziplin: Kombination aller drei Methoden
Besonders gelungene Übertragungen vereinen alle diese Strategien in sich: Sie sind dem Original-Namen ähnlich, beschreiben das Produkt und klingen dabei schön. Ein typisches Beispiel ist Coca-Cola, übersetzt als 可口可乐 (kěkǒukělè) mit der ungefähren Bedeutung „schmeckt gut und macht glücklich“. Konkurrent Pepsi verwendet mit 百事可乐 (bǎishìkělè) einen ähnlichen Namen, der allerdings weniger auf ein Getränk schließen lässt. Die Sandwich-Kette Subway versucht es ähnlich und nennt sich 赛百味 (sàibǎiwèi), wobei die letzten beiden Zeichen „hundert Geschmäcke“ bedeuten. Das ist besonders praktisch, denn für China-Pfadfinder gilt die Regel, dass Dinge mit 味 im Namen essbar sind.
Ich habe mich gefragt, ob dieser Name nicht noch verbessert werden könnte zu 塞百味 (sāibǎiwèi), also „Stopf hunderte Geschmäcke“. Das wäre praktisch die Definition des Konzepts Sandwich! Leider klingt dieser Name wohl für chinesische Ohren eher ekelhaft. Das letzte Wort sollten daher wohl unbedingt Muttersprachler haben…
Siemens hat sich das möglicherweise nicht zu Herzen genommen, obwohl Bemühen erkennbar ist. Mit 西门子 (xīménzi) wurde ein wohlklingender Name gewählt, der von Deutschen meist frei mit „Tor zum Westen“ übersetzt wird. Er soll vermutlich Assoziationen zu ausländischer Qualität wecken und gilt als Paradebeispiel guter Übertragung. Eine kleine Umfrage im chinesischen Freundeskreis war allerdings eher ernüchternd. 西门 ist nämlich auch ein bekannter Nachname und 子 am Ende erinnerte einige an chinesische Philosophen oder japanische Mädchennamen.
Etwas klarer tut sich hier IKEA hervor, auf Chinesisch 宜家 (yíjiā) oder „gut für Zuhause“. Die Möbelkette ist in China übrigens sehr erfolgreich, vielleicht auf Grund des Namens, vielleicht auch deshalb, weil man nirgendwo sonst in Shanghai und Nanjing so günstig ausländisch essen gehen kann. Die berühmten Köttbullar werden übrigens langweilig direkt als 瑞典肉丸 (ruìdiǎnròuwán) vermarktet – schwedische Fleischbällchen.
Am Rande sei angemerkt, dass die Umbenennung von Marken kein rein chinesisches Phänomen ist. „Persil“ heißt in Frankreich „Le Chat“. Und ich als Deutscher träume auch lieber vom Rolls Royce „Silver Shadow“ – und nicht vom „Silver Mist“.
Titelbild: Photo by Yeyen Rosseau via flickr, shared under a Creative Commons licence (CC BY-ND 2.0). Bild mit Knorr: (c) Johannes Haupt. Bild mit Dosen: Photo by Eva via flickr, shared under a Creative Commons licence (CC BY-ND 2.0).