Tee aus Yunnan

Li Yanxin 李彦昕, 29, betreibt seit 2013 ein Teegeschäft in Kunming. Insgesamt ist sie seit zehn Jahren im Teegewerbe tätig. Charlotte befragte sie in ihrem Interview via Weixin zu Teesorten in Yunnan, dem korrekten Ablauf einer Teezeremonie und den gesundheitlichen Auswirkungen des erfrischenden Heißgetränks.

Hast Du Lust, die chinesische Originalversion des Interviews zu lesen? Die findest Du hier!

sinonerds: Li Yanxin, welche Sorten Tee aus Yunnan gibt es?

Li Yanxin: Der Yunnan-Tee (云南茶) unterteilt sich in Pu’er-Tee, Roten Tee (红茶 hóng chá, unser Schwarzer Tee), Grünen Tee, Weißen Tee, verschiedene Sorten Blumentee und Gesundheitstee. Außerdem gibt es noch den Ziya-Tee (紫芽茶 zǐ yá chá, wörtlich: Lila Sprosse), der eine besondere Sorte darstellt.

Was ist das Besondere am Yunnan-Tee?

Der Tee aus Yunnan gehört wegen Yunnans geographischer Lage im Hochplateau zu den großblättrigen Teesorten. Teeblätter aus Yunnan sind relativ reichhaltig, ihre Form ist robust und kräftig, ihre Oberfläche flaumig. Er kann mehrmals und lange gebrüht werden. Die berühmtesten Teesorten Yunnans, Pu’er (普洱茶 pǔ ěr chá) und Dianhong (滇红茶 diān hóng chá), sind für ihre gesundheitsfördernde Wirkung bekannt.

Welche Schritte umfasst eine traditionelle Teezeremonie?

Eine traditionelle Teezeremonie hat zwölf Schritte. Erst wird das Teeset vorbereitet, dann werden im zweiten Schritt die Gläser erwärmt und alle Utensilien gewaschen. Der dritte Schritt ist die Betrachtung der Teeblätter durch die Teilnehmer der Zeremonie. Anschließend wird im vierten Schritt der Tee in die Kanne geschüttet. Als nächstes wird im fünften Schritt der Tee geweckt. Den Tee zu wecken, bedeutet, ihn in heißem Wasser einzuweichen – Pu’er-Tee wird nämlich meistens in eine Form gepresst und muss aufwachen, um seine Inhaltsstoffe besser freisetzen zu können. Beim sechsten Schritt, dem Aufgießen, wird heißes Wasser in den Becher oder die Kanne gegossen, in der sich der Tee befindet. Auf diese Weise entfaltet sich der Geschmack des Tees. Grob gesagt sind fünf bis acht Aufgüsse am besten, ein Mal entspricht einem Aufguss. Der siebte Schritt ist das Ausgießen. Ausgießen bedeutet, dass der zuvor aufgebrühte Tee in eine andere Kanne, aus der er später verteilt wird, gegossen wird. Als nächstes betrachten im achten Schritt die Teilnehmer diesen ausgegossenen Tee. Anschließend wird der Tee in die kleinen Tassen der Teilnehmer gegossen, dies ist der neunte Schritt. Der zehnte Schritt ist die Präsentation des Tees. Dieser wird schließlich im elften Schritt getrunken. Der zwölfte und letzte Schritt ist das Abräumen des Teesets.

Unterscheiden sich also die Teesorten im Hinblick auf die Teezeremonie?

Jeder der sechs großen Teesorten ist eine eigene Teezeremonie zugeordnet, “dem Tee gemäß wird Tee aufgebrüht.” (因茶泡茶 yīn chá pào chá).

Was bedeutet das?

„Dem Tee gemäß den Tee aufbrühen“ bedeutet, dass man der jeweiligen Teesorte entsprechend ein anderes Aufgussverfahren und andere Instrumente wählt. Die sechs großen Teesorten werden nach ihren Herstellungsweisen unterschieden und jede Herstellungsweise erfordert ein anderes Aufgussverfahren. Die wichtigsten Faktoren beim Aufgießen sind: Wassertemperatur, Dauer und verwendete Menge des Tees.

Was ist der Zusammenhang von Tee und chinesischer Medizin?

Tee stammt aus China und hat hier eine lange Geschichte. In der Anfangsphase des Teegebrauchs sprach man vom „gleichen Ursprung von Medizin und Speisen“. Shennong Shi (1) war der Erste, dem der Tee bekannt war und der ihn als Medizin benutzte, nachdem er seine heilende Wirkung entdeckt hatte. Seine Nachfahren stellten fest, dass Tee nicht nur entgiftet, sondern auch mit anderen chinesischen Medikamenten kombiniert werden kann und so zahlreiche Krankheiten heilt.

Bei der Behandlung welcher Krankheiten kann Tee beispielsweise hilfreich sein?

Tee wirkt auf vielfältige Weise gesundheitsfördernd, v.a. der Pu’er-Tee ist sehr gesund. Er reduziert Blutfette, Blutdruck und Blutzucker und beugt Herzkrankheiten vor. Er beruhigt die Nerven, stimuliert gleichzeitig das Gehirn und wirkt Müdigkeit und innerer Hitze entgegen. Außerdem verhindert er Karies und stärkt die Zähne. Er vertreibt auch Sommerhitze, erfrischt den Atem, entgiftet und hilft, wenn man einen Kater hat. Und er unterstützt die Verdauung.

Im Westen spricht man von der „Renaissance des Tees“. Findest du, dass der Tee in China heute wichtiger als vor einigen Jahrzehnten ist? Wenn ja, was für eine Veränderung hat stattgefunden?

Die Veränderung ist beachtlich. Für die Wiederbelebung des Tees waren umfassende Veränderungen im Bereich der wirtschaftlichen Entwicklung nötig. Das erforderte zuerst viel Zeit, außerdem eine gewisse Wirtschaftskraft und nicht zuletzt ein Interesse an Teekultur und ein Streben nach ihr auf spiritueller Ebene.

(1) Shennong Shi (神农氏 shén nóng shì), antiker chinesischer Landwirtschaftsgott und legendärer Stammesanführer.

Mehr zum Thema Tee gibt es auf der Seite des Spotlights Tee.

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sinonerds-Autor*in

Charlotte Degro

Nach ihrem Bachelorstudium der Sinologie in Leipzig und Kunming zog es Charlotte zurück nach China, wo sie an der Kunming University of Science and Technology Rechtswissenschaften studiert. In ihrer Freizeit reist sie gerne, liebt Bücher ebenso wie chinesische Straßenküche und versucht sich an diversen Fremdsprachen, Geige und Badminton. Charlottes eigener Blog ist shenghuoshenghuo.tumblr.com.​

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